WEG: Vertreter muss eine Originalvollmacht vorlegen

Auf einer Wohnungseigentümerversammlung waren lediglich 30 der Mitglieder der Eigentümergemeinschaft persönlich anwesend.
Die Mehrzahl der Mitglieder der Eigentümergemeinschaft wurde durch andere Wohnungseigentümer vertreten. Als einer der
Vertreter der übrigen Wohnungseigentümer aufgefordert wurde, die Originale seiner Vollmachten vorzulegen, weigerte sich
dieser. Aus diesem Grund reichte ein Wohnungseigentümer nachdem er den Bevollmächtigten zurückgewiesen hatte, eine
Anfechtungsklage gegen die auf der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse ein. Mit Erfolg!
Die angefochtenen Beschlüsse waren auf die Anfechtungsklage hin für ungültig zu erklären, da die Beschlussfassung an
einem formellen Fehler litt. Es war auch nicht auszuschließen, dass sich dieser Fehler kausal auf das Beschlussergebnis ausgewirkt
hatte. Die Beschlüsse waren für ungültig zu erklären, weil entgegen § 174 BGB auf die Aufforderung des anfechtenden
Wohnungseigentümers vor der Abstimmung die Vollmachten durch den vertretenden Wohnungseigentümer nicht vorgelegt wurden
und dieser daraufhin diese Vollmachten zurückgewiesen hat.
Wird ein Vertreter, der keine schriftlichen Vollmachten vorlegen konnte, daraufhin zurückgewiesen, wird seine Stimmabgabe
insoweit unwirksam (§ 174 BGB). Ein Nachreichen der Vollmachten kommt regelmäßig nicht in Betracht. Vielmehr ist, wenn auf
Verlangen eines Versammlungsteilnehmers das Original einer Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt wird, vom Nichtbestand der Vollmacht
auszugehen. Der anfechtende Wohnungseigentümer hatte bereits zu Beginn der Versammlung Einsicht in die Vollmachten begehrt.
Diese wurde ihm nicht gewährt. Ein Teilnehmer an einer Eigentümerversammlung hat aber das Recht jederzeit
Einsicht in Originalvollmachten zu nehmen. Die Zurückweisung eines solchen Gesuches ist daher rechtswidrig. Bereits die
Zurückweisung des Gesuches auf Einsichtnahme in die Vollmachten führte zu einem Beschlussfehler. Denn damit wurde das
Recht der Versammlungsteilnehmer unterlaufen, sich von der Rechtmäßigkeit der Vollmacht zu überzeugen und das die Beschlussfassung
in der Versammlung ordnungsgemäß erfolgt ist. Der Beschlussmangel führte auch zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Beschlüsse.
Nur wenn zweifelsfrei festgestellt wird, dass ein Beschlussmangel keinen Einfluss auf das Beschlussergebnis hatte, ist diese Vermutung widerlegt
(LG Frankfurt a. M., Urteil v. 05.08.15, Az. 2-13 S 32/13).

Quelle: Marc Popp, Rechtsanwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt im Miet- und WEG-Recht

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